Impuls zur Wochenmitte: Enttäuschung



Was bedeutet Enttäuschung für Dich?
Kannst Du Dir dazu ein Bild vorstellen?

Wörtlich bedeutet es ja "Aufhebung einer Täuschung" im Sinne von Enthüllung oder Aufdeckung.

Im erweiterten Sinn und geläufiger bedeutet es die Nicht-Erfüllung einer Erwartung, eines Wunsches oder einer Hoffnung.

Insoweit ist Enttäuschung ist in den meisten Fällen wohl selbstgemacht. 

🔹Wenn bestimmte Annahmen darüber, wie eine Situation sein wird, oder sich entwickelt, sich als nicht zutreffend herausstellen.

🔹Wenn die Welt oder die Individuen darin sich einfach nicht so verhalten, wie wir es angenommen, erhofft oder gewünscht hatten.

Dann sind wir ent-täuscht.

Aber Täuschung beschreibt ja begrifflich eher vorsätzliche Irreführung.
Warum also DIESER Begriff, hervorgegangen aus dem Begriff Täuschung?
Denn wenn wir belogen oder betrogen wurden, verwenden wir auch den Begriff Betrug oder Lüge, nicht Enttäuschung.

Die Frage ist daher berechtigt, woher die Täuschung, die da bei einer Ent-Täuschung aufgedeckt wird, denn eigentlich stammt.

Hat man Dich absichtlich getäuscht, indem man dir Unwahrheiten mitgeteilt hat?

Oder hast Du dich selbst getäuscht, indem du etwas angenommen hast, obwohl es wenig sachliche Gründe dafür gab? Vielleicht wider besseres Wissen oder gemachte Erfahrung?

Wenn jemand dich mehrfach hintergangen hat, und das nun wieder geschehen ist, wer ist dann der Täuschende? Der, der Dich hintergeht, oder Du, indem Du etwas anderes annimmst?

Wenn wir selbst jemandem bestimmte Eigenschaften zuschreiben, die sich dann als unzutreffend herausstellen, wer hat dann wen getäuscht?

Sind wir also vielleicht häufiger ent-täuscht, indem wir Erwartungen an Dinge, Geschehnisse oder Individuen stellen, für die es keine oder nur schwache objektive Gründe gibt, als wir ent-täuscht werden weil man uns vorsätzlich etwas glauben gemacht hat, das nicht zutrifft?

Auch die Grammatik ist beim Verb ent-täuschen interessant: "Ich bin enttäuscht...", "er/sie/es/Du hast/hat mich enttäuscht...". Die Formen belegen einen klaren Selbstbezug.

Ist Enttäuschung im ersten Impuls negativ, so ist sie doch sachlich ausschließlich positiv verstehbar. 
Im Idealfall lehrt sie uns, unseren Selbstbetrug zu reduzieren, indem sie uns zwingt, unsere Meinungen, Annahmen und Glaubenssätze zu prüfen und, falls erforderlich, abzulegen oder anzupassen. Sie ist die kleine Schwester der Desillusion. Aber dafür ist der Mittwoch Mittag zu kurz...


Die Akzeptanz dessen, was ist, ebenso wie regelmäßige Reflexion der eigenen Annahmen und vor allem der Beweggründe für diese Annahmen sind besonders hilfreich, Selbst-Täuschungen und damit Ent-Täuschungen zu reduzieren. 


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